Da ich für die Kindertheatergruppe des TAS seit etwa 10 Jahren jeweils 2 Kinder-Theaterstücke pro Jahr verfasse, wurde ich von der Geschäftsführerin Sabine Benzer gebeten, Tipps zu geben, wie man ein Skript erstellt.
Da ich dazu keinen theoretischen Hintergrund habe, kann ich nur weitergeben, wie ich persönlich an die Sache herangehe.
Themenfindung
Im Normalfall bin ich bei der Themenwahl völlig frei. Daher sammle ich übers Jahr Ideen, die sich auf der Bühne umsetzen lassen könnten. So ergab es sich etwa, dass ein Bekannter seit Jahren Gelder für den Brunnenbau in einem afrikanischen Land sammelte; dies schien ein guter Aufhänger für ein Kindertheater zu sein. Diese mehr oder weniger brauchbaren Ideen verschriftliche ich als buntes Sammelsurium.
Fallweise wurden bestimmte Themen an mich herangetragen, etwa „Feldkirch 800“, ein „Krimi“ oder ein Stück zum Thema „Sucht“.
Ausarbeitung
Da die Kindertheater – Gruppe eine bestimmte Anzahl an Kindern enthält, ergibt sich daraus zwangsläufig die Anzahl der zu vergebenden Rollen (die Vergabe mehrere Rollen an ein Kind ist eher schwierig). Je nach Thema versuche ich dazu passende Prototypen (Bösewicht, Königin etc.) zu finden. Die Charaktere teile ich dann auf die Kinder auf.
Während ich früher einfach mit dem Stück begonnen habe, versuche ich mittlerweile, zunächst das Ende des Stückes zu planen. Sobald dies gelungen ist, erzwingt das geplante Ende den Ablauf der Geschichte.
Meine Stücke bestehen im Normalfall aus 4 Akten. Damit die Kinder bei den Proben etwas zu tun haben (und dann auch bei der Aufführung glänzen können), versuche ich, jedem Kind in jeder Szene zumindest einen kurzen Auftritt zu ermöglichen. Dies hat den Nachteil, dass innerhalb der einzelnen Szenen viele Auf- und Abgänge erfolgen, was mit einer gewissen „Hektik“ einhergeht.
Die Kinder sind etwa 8-12 Jahre alt. In einem Stück in der Dauer von etwa 1 Stunde haben Kinder, die gut lernen, ca. 100-150 Sätze, schwache (oder lernfaule) Kinder etwa 30-40. Während ich das Stück schreibe, notiere ich daher mit, welches Kind wie viel Sätze zu sagen hat.
Die Dialoge ergeben sich im Wesentlichen von selbst: Bestimmte Charaktere werden die Geschichte nur auf bestimmte Art und Weise zum beabsichtigten Ende führen.
Das Publikum beim Kindertheater besteht aus Kindern und Erwachsenen. Ich gehe davon aus, dass die Kinder linear erzählte Geschichten, Slapstick-Einlagen und bunte Kostüme sehen wollen. Die Erwachsenen sind vermutlich eher an mehrschichtigen Persönlichkeiten/Handlungssträngen, gegebenenfalls mit Bezug zum Tagesgeschehen, interessiert. Diese Erwartungshaltungen gilt es zu erfüllen.
Sobald die Geschichte von Anfang bis Ende im Kopf ist, kann sie niedergeschrieben werden. Es hat sich gezeigt, dass der Sprechtext der Schauspieler ausführlich kommentiert werden muss, damit die Regie mit dem Skript arbeiten kann. Das Skript besteht daher mittlerweile zu etwa 30-40 % aus der Beschreibung des Stückes, der Beschreibung der einzelnen Szenen bzw. Charaktere und aus Regieanweisungen.
Eine Seite des Skripts aufzuführen, dauert etwa 2 Minuten. Wer also ein Theaterstück in der Dauer von 60 Minuten haben will, braucht ein Skript mit einem Sprechtext von etwa 30 Seiten.
Das Schreiben eines solchen Skripts (Sprechtext und Erklärungen für die Regie) samt Reinschrift dauert etwa 30 Stunden.
Die Kinder können bei uns Wünsche äußern, welches Wesen und welche Charaktereigenschaften sie gerne spielen würden. Nach Möglichkeit wird diesen Wünschen entsprochen; dies kann aber zu unorthodoxen Stücken mit 2 Prinzessinnen, 2 Vampiren und 4 Eierköpfen führen.
Die Handlung selbst können erfahrene Pädagogen natürlich mit den Kindern gemeinsam erarbeiten; dies ist aber zeitaufwendig und die Kinder haben sehr unterschiedliche Vorstellungen, weshalb ich die Handlung alleine bestimme.
Manfred Melchhammer
Feldkirch, Dezember 2021